1,2K Inhalt Fahrrad-Tourismus in JapanInfrastruktur am Biwa-SeeZwei verschiedene StreckenführungenDie TourplanungUnsere Tour bei Komoot:Die Highlights Es gibt Geschichten, die möchte einem niemand so recht glauben. 2012 sind wir mit einem Mamachari, einer Stadtmöhre ohne Gangschaltung und mit feinem Alu-Körbchen, an einem Tag die 200 Kilometer um den Biwa-See gefahren. Morgens um 4 ging es los und am Abend waren wir wieder in Kyōto. Einen alten Eintrag zu dieser Tour könnt ihr hier finden. Nachdem wir mittlerweile auch längere Touren mit vernünftigen Rädern fahren, würden wir davon definitiv abraten. Der Fokus hat sich verschoben. Wir machen maximal 100 Kilometer am Tag und legen den Schwerpunkt darauf, zwischendrin auch etwas zu erleben. Unsere diesjährige Radtour um den Biwa-See hat sich deshalb über drei volle Tage erstreckt. InhaltsverzeichnisFahrrad-Tourismus in JapanInfrastruktur am Biwa-SeeZwei verschiedene StreckenführungenDie TourplanungUnsere Tour bei Komoot:Die Highlights Fahrrad-Tourismus in Japan Seit 2012 hat sich viel geändert. Die Reisebranche in Japan hat sich vervielfacht, Schlagworte wie Over-Tourism sind gerade auch in Kyōto allgegenwärtig geworden. Das neue Ziel heißt: mehr Touristen, aber besser verteilt. Im Zuge dessen wird gerade auch für Radfahrer Infrastruktur geschaffen, die nicht immer optimal aber oft wenigstens hilfreich ist. Nutzen konnten wir das bereits bei unserer 1.000 km Umrundung von Shikoku, der Tour über die 6 großen Brücken des Shimanami-Kaido von Honshu nach Shikoku und einer gemütlichen Tour durch die Kibi-Ebene bei Okayama. Die wichtigste Maßnahme ist hier immer die Ausschilderung von Streckenabschnitten. Oft passiert das mit blauen Markierungen auf der Fahrbahn, aber auch Radverleih oder dedizierte Streckenabschnitte für Radler auf stark befahrenen Abschnitten wie Brücken oder Tunneln finden sich zunehmend. Infrastruktur am Biwa-See Blaue Streifen sind die häufigste Markierung für die Route um den See Die „langsame Route“ führte oft über Fußwege und Nebenstraßen und ist meist angenehmer als die Straße. Am Biwa-See können wir die Veränderungen im direkten Vergleich sehen. Vor 8 Jahren gab es noch keine Tour und keine Infrastruktur. Jetzt gibt unter https://www.biwako1.jp/ ein japanischsprachiges Informationsportal mit Streckenabschnitten und nützlichen Hinweisen. Bautechnisch hat sich wenig getan. Blaue Fahrbahnmarkierungen und ein paar Schilder schaffen Orientierung, eigene Radwege haben wir bis auf einen fragwürdigen Versuch bei Ōmi-Maiko nicht wahrgenommen. Zwei verschiedene Streckenführungen Die Streckenführung war im Wesentlichen unterteilt in eine „Schnelle Route“ für Rennradfahrer, die primär über Hauptstraßen führt, und eine „Langsame Route“, die wir eher „Szenische Route“ nennen würden. Hier wird es manchmal etwas holprig und breite Fußwege oder Nebenstraßen durch Siedlungen und Dörfer sind vorherrschend. Das alles ist nicht viel, aber es ist mehr als vorher und es hat vor allem die psychologische Wirkung, uns als Radfahrer zu zeigen, dass wir zumindest Willkommen sind. Die Umrundung des Biwa-Sees und auch der Shimanami Kaido wurden als zwei der ersten drei „National Cycling Route“ Japans ausgezeichnet. Das bedeutet eine vorhandene und sichere Infrastruktur für Radfahrende – nicht nur auf Straßen und Radwegen, sondern auch abseits davon. Dazu zählen auch Reparaturstationen sowie Hotels und Restaurants, die auch Gäste mit ihrem Fahrrad willkommen heißen und natürlich Info-Broschüren. Die Tourplanung Eine Frage, die sich in Deutschland eher selten stellt, steht am Anfang: wie bekomme ich mein Fahrrad durchs Land? Es gibt nur eine Hand voll Züge in Japan, in denen die Fahrradmitnahme erlaubt ist. Bei allen anderen heißt es: demontieren und einpacken. Wir haben uns für eine große Fahrradtasche (rinkō bag) entschieden, bei der man nur das Vorderrad abmontieren muss. Die Schutzbleche mussten dafür zu Hause bleiben, aber mit Schnellverschlüssen, Abmontieren der Pedale, Versenken des Sattels und Fixierung der Scheibenbremse konnten wir die Prozedur nach etwas Übung in 20 Minuten pro Rad schaffen. Wer etwas mehr Geduld hat, dem empfehlen wir aber definitiv eine Tasche bei denen man beide Räder abmontiert. Unsere Räder haben ganz knapp und nur mit viel Wohlwollen aller Beteiligten in die hinteren Gepäckablagen des Shinkansen gepasst. Wir empfehlen in jedem Fall in den letzten Wagen einzusteigen, denn wenn man den Gang blockiert, muss zumindest niemand mit Koffern oder Servicewagen vorbei. Unsere Tour bei Komoot: Biwaichi Part 1 Biwaichi Part 2 Biwaichi Part 3 Neu ab Mai 2020: Vergesst nicht, euch um eure Fahrradabstellplätze im Shinkansen zu kümmern. Seit 1. Mai 2020 sind die Abstellplätze hinter der letzten Sitzreihe nur noch mit Reservierung zu benutzen. Diese könnt ihr vornehmen, wenn ihr euren Sitzplatz im Ticket-Office oder online bucht. Mehr Informationen findet ihr auf den JR-Seiten: https://global.jr-central.co.jp/en/info/oversized-baggage/ Maßarbeit im Shinkansen Vorsicht ist geboten mit dem sperrigen Rad am Bahnhof So sieht das Rad im Transportbeutel aus. Die 200 km lange Umrundung des Biwa-Sees kann man grundsätzlich an einem Tag schaffen, wenn man sportlich unterwegs ist und sich nicht mit Sightseeing ablenkt. Unser Plan war diesmal anders. Wir haben uns für Tagesabschnitte von knapp 80 km entschieden, inklusive der Hin- und Rückfahrt aus Kyōto. Zwei Fragen stellen sich zunächst: Erstens, in welche Richtung fahre ich? Zweitens, wo ist mein Startpunkt? Wir sind, wie auch 2012, im Uhrzeigersinn um den See gefahren. Das wird nicht empfohlen, denn die Straßenmarkierungen befinden sich ausschließlich auf der anderen Straßenseite. Wir würden künftig auch raten, gegen den Uhrzeigersinn zu fahren. Es macht sonst kaum einen Unterschied und hängt hauptsächlich davon ab, welche Tagesetappe man zu welcher Uhrzeit gerne machen möchte. Los geht’s in Yamashina, am Kanal entlang, der den Biwa-See mit Kyōto verbindet. Erstkontakt mit dem See im Hafen von Ōtsu! Einige der Straßen auf denen man unterwegs ist, sind stark befahren … …andere Wege wiederum sind idyllisch und nahezu verlassen. Die zweite Frage ist kniffliger, aber wir haben uns für das neu eröffnete Cocoro-Hotel im Kyōtoer Stadtteil Yamashina entschieden. Yamashina liegt im Nachbartal jenseits der Higashiyama-Berge. Der Biwa-See ist von dort aus über einen kleinen Berg und die Nationalstraße 1, den alten Tōkaidō, in etwa 30 Minuten zu erreichen. Es ist auch möglich direkt in Kyōto zu starten. Man hat dann allerdings zwei Berge zu bewältigen und braucht von der großen Sanjō-Brücke etwa eine Stunde bis Hama-Ōtsu am See. Einige Streckenabschnitte sind durch die Enge zwischen Bergen und Seeufer sehr stark befahren, weshalb wir nicht ohne Lichtanlage und Helm fahren würden. Ein einfaches Reparatur-Kit ist Pflicht, denn gerade im Norden des Sees gibt es auch recht verlassene Gebiete. Uns brach eine Speiche in Nagahama, ein kurzer Besuch im Fahrradladen hat uns aber schnell wieder auf Tour gebracht. Wir entschieden uns für Übernachtungen in Makino und Ōmihachiman und Ausflüge zum Mii-dera in Ōtsu, Nagahama, Hikone mit seiner original erhaltenen Burg und der Altstadt von Ōmihachiman gemacht. So hatten wir abseits vom Radfahren noch genug Zeit zum Erkunden. Die Highlights Am meisten haben wir den Unterschied zu Tōkyō genossen. Nach Monaten im Hauptstadtverkehr ist Radfahren am Biwa See und den vergleichsweise kleineren Städten und Orten drum herum Balsam für die Seele. Weniger Verkehr, weniger Gebimmel, weniger Menschen – schön! Zwar war das Verkehrsaufkommen rund um Ōtsu noch relativ hoch, nahm aber ab, je weiter man nach Norden kam. Vor allem auf Nebenstraßen war kaum etwas los und wir fuhren oft allein auf der Fahrbahn oder den geteilten Rad- und Gehwegen. Regelmäßige Begleiter waren Milane, Enten, Schwäne und Reiher und immer ein toller Blick auf Japans größten See. So groß, dass manchmal das gegenüberliegende See-Ufer nicht mehr zu erkennen war. Beeindruckt haben uns die eindrucksvolle Tempelanlage des Mii-dera in Ōtsu, der eine tolle Aussicht auf den Biwa-See bot. Auf den Weg nach Makino hielten wir an den zahlreichen Badestränden bei Katata oder Ōmi-Maiko an und ließen das klare Wasser und die sandigen Kiefernwälder auf uns wirken. Campingplätze rund um den See versprechen Familien-Ausflüge im Sommer – doch zum Zelten ist es Mitte März noch zu kalt. Auch das Wetter am ersten unserer drei Fahrradreise-Tage war eher ungemütlich, mit ständigen Regenschauern und viel Gegenwind. Die warme Dusche und das Grillfleisch bei einer freundlichen Omi am Abend hatten wir uns verdient! Blick vom Mii-dera über den Biwa-See Der Strand von Ōmi-Maiko gehört zu den schönsten am Biwa-See Es gibt kein schlechtes Wetter, nur… Pittoresk: das rote Torii des Shirahige-Schreines Der zweite Tag war wettertechnisch eher was wir uns vorgestellt haben: frisch, aber angenehm. Der nördliche Teil des Sees begeisterte uns mit Natur und ruhigen Straßen, auf denen wir am Morgen fast allein unterwegs waren. Gegen Mittag erreichten wir Nagahama, wo wir wegen einer gebrochenen Speiche eine kurze Pause beim Fahrradladen einlegen mussten. Kein Verlust, denn wir haben die Stunde genutzt, um das Schloss Nagahama und die Altstadt mit ihren charakteristischen schwarzen Wänden zu besichtigen. Nach der Reparatur ging es weiter nach Hikone: da wartete eine der zwölf noch im Original erhaltenen Burgen Japans auf uns. Leider konnten wir das Innere der Burg nicht besichtigen und auch der Besuch des lokalen Maskottchen Hikonyan fiel auf Grund des Corona-Virus aus. Das Außengelände war dennoch zugänglich und hier begeisterte der Pflaumen-Garten mit 450 blühenden Bäumen. Die Tagesetappe war hier noch nicht beendet: Es lagen noch etwa 30 Kilometer vor uns. Wir wählten auch diesmal wieder die szenische Route direkt am See statt die Hauptstraße und wurden nach einer kleinen Steigung mit Aussicht auf den See bei Sonnenuntergang belohnt. Die letzten Kilometer in der Dämmerung bis ins urbane Zentrum von Ōmihachiman beendeten wir zügig, da wir auch mittlerweile ziemlich Hunger hatten. Sonnenaufgang am See bei Makino Die Burg Hikone gehört zu den 12 authentischen Anlagen Japans Im Norden des Sees fährt man durch einige Tunnel Sonnenuntergang kurz vor Ōmihachiman Unseren dritten und letzten Tag starteten wir gemütlich mit Sightseeing in Ōmihachiman. Bekannt ist die Stadt vor allem für sein historisches Viertel rund um einen kleinen Kanal: Mit der Seilbahn fuhren wir auf den Gipfel des Hachimanyama und genossen noch einmal eine schöne Aussicht auf den Biwa-See. Am späten Nachmittag saßen wir wieder auf dem Fahrrad und radelten, nah am See und vielen Vogelschutzgebieten vorbei, wieder zurück an unseren Startpunkt in Ōtsu. Wir merkten auch immer mehr, wie es urbaner wurde. Die letzten Kilometer kämpften wir mit den plötzlich im nichts endenden Geh- und Radwegen, bevor wir uns leicht genervt wieder auf die Straße in den fließenden Verkehr einordneten. Kurz vor unserem Ziel besuchten wir in Ōtsu noch schnell das Würzburghaus, das an die Städtepartnerschaft erinnert. Der Kanal in Ōmihachiman Cat-Content auf dem Hachiman-yama Ōtsu auf der anderen Uferseite in Sicht! Das Würzburg-Haus in Ōtsu ist Symbol der Städtepartnerschaft Und dann ging es auch schon zurück nach Kyōto in unser Hotel. Wir können auch diesmal sagen: Unsere Radreise rund um den Biwa-See hat sich gelohnt! Für uns war es die zweite Radtour um den Biwa-See. Und es war gut. Werde Unterstützer Du möchtest The Hangry Stories einmalig oder monatlich mit einem kleinen Betrag finanziell unterstützen und ein kleines Dankeschön bekommen? Dann werde Unterstützer auf Patreon! Blog abonnieren Wenn ihr „The Hangry Stories“ abonnieren wollt, dann könnt ihr euch hier für unsere Blog-Abo eintragen. 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