2,5K Inhalt Verschiedene Arten der UmschriftWie „Fudschijama“ entstanden istFudschijama: Nicht schön, aber nicht falschPost Scriptum Nichts sorgt für mehr Gelächter unter angehenden Japanologen oder Japaninteressierten als die Absicht kundzutun, dieses Jahr den Fudschijama zu besteigen. Mit der zunehmenden Verbreitung von Wissen über japanische Kultur und Sprache vor allem auch über das Internet, wurden Jahrzehnte gültige Japanbilder zerstört. Mila fliegt jetzt nicht mehr wie die Schwalben über den Fudschijama. Tokio wollen wir gar nicht sehen und mit dem Schogun reden wir lieber gar nicht erst. Aber ist es wirklich so einfach? Warum der Fuji bei uns Fudschijama heißt, erfahrt ihr hier. Verschiedene Arten der Umschrift Zunächst einmal zur Schreibweise, die uns so seltsam vorkommt. Es ist wichtig, zu verstehen, dass es keine allgemein richtige Umschrift für das Japanische in lateinische Buchstaben gibt. Es gibt aber verschiedene Systeme, mit denen über die Jahrzehnte versucht wurde, den grammatikalischen Eigenheiten wie auch der Aussprache des Japanischen gerecht zu werden. Die außerhalb Japans gebräuchlichste Umschrift ist das Hepburn-System, das 1886 zum ersten Mal in einem Wörterbuch des amerikanischen Arztes Dr. James Curtis Hepburn zur Anwendung kam. Das modifizierte Hepburn-System, das heute in der westlichen Wissenschaft am weitesten verbreitet ist, stammt aus dem Jahre 1958.[1] Ein anderer Entwurf aus Japan ist das Kunrei-System. Hier wird Kyūshū zu Kyûsyû und – zurück zum Thema – der Fuji zum Huzi. Kyoo wa Huzi-san ga yoku mieru. Heute kann man den Fuji gut sehen.[2] Da sich das Kunrei-System in Japan als offizielle Verwendung etabliert hat, sieht man auch öfters Schilder, die für Hepburn-geschulte Augen kaum zu entziffern sind. Kyûsyû lässt grüßen.[3] Die klassische Postkarten-Ansicht: Ashinoko-See, Hakone-Schrein und Fuji. Die beiden gebräuchlichsten Systeme für die lateinische Umschrift von japanischen Silben sind also beide keine 150 Jahre alt. Das ist wichtig, denn es bedeutet, dass es vor dieser Zeit keine einheitliche Regelung gab. Jeder, der japanische Texte zu übertragen versuchte, musste einen eigenen Zugang dazu finden. Und hier kommen wir nun zu Engelbert Kaempfer aus Lemgo. Kaempfer war einer der herausragendsten Forschungsreisenden des 17. Jahrhunderts und lebte von 1651 bis 1716. Während seiner zehnjährigen Forschungsreise verbrachte er zwei Jahre in Japan und wohnte dort in der holländischen Exklave Dejima in Nagasaki. Diese durfte man nur zu besonderen Gelegenheiten verlassen. So nahm Kaempfer unter anderem an der Reise nach Edo (das heutige Tōkyō) teil, um dort dem Shōgun die Aufwartung zu machen. In Dejima beschäftigte er sich mit Medizin, Botanik der Sprache und vielen anderen Themen.[4] Die ehemalige Insel Dejima in Nagasaki, auf der Kaempfer zwei Jahre lang lebte. Wie „Fudschijama“ entstanden ist Über Engelbert Kaempfer können wir nun die Brücke zurück zum Fudschijama schlagen. Es lässt sich feststellen, dass in unzähligen Wörterbüchern weltweit „Fujiyama“ in der ein oder anderen Schreibweise als Eintrag vorkommt. Oft direkt mit einem Hinweis darauf, dass es eine falsche Bezeichnung sei. Wo kommt sie aber her? Als sich Commodore Perry 1852 anschickte, mit seinen schwarzen Schiffen nach Japan aufzubrechen, taten sie das in Vorbereitung mit Berichten und Erfahrung der Japanreisenden wie Kaempfer, Siebold und wenigen anderen. Perrys Aufgabe war es,im Auftrag des amerikanischen Präsidenten die Öffnung des Landes zu forcieren. Informationen über dieses damals weit entfernte Land gab es kaum. In seinen Berichten erwähnte Kaempfer auch unzählige Male einen besonderen Berg. Er sprach vom Fusi, Fusi no Jamma, Fudsi, Fusji Jamma und Fusi no Jamma.[5] Wir erinnern uns, dass es zu dieser Zeit noch keine genormte Umschrift gab. Natürlich hat sich auch die deutsche Sprache seither stark gewandelt, selbst bei Texten ohne Fremdwörtern stolpern wir heute. Über Kaempfer verbreitete sich die Bezeichnung Fudschijama also über das westliche Interesse an Japan über die ganze westliche Welt. Es gab sonst auch nicht so viele andere verlässliche Informationen über das Land. Nun erklären die verschiedenen Schreibweisen aber nicht, wie es überhaupt dazu kam, dass vom „Fudschijama“ die Rede war. Hat ein Gelehrter wie Kaempfer einfach einen Fehler gemacht? Trotz der Problematik der Umschrift benutzte Kaempfer selbst ja unzählige Varianten und legt sich selber nicht auf eine Form fest. Vielleicht kam er irgendwann einfach durcheinander? Ein Hinweis, wo das Problem liegen könnte, kann die heutige Verwendung des Schriftzeichens für Berg 山 (yama oder san) bieten. Beide Lesungen sind für die Bezeichnungen von Bergen gebräuchlich, manchmal werden sie sogar gleichzeitig verwendet. Selbst Muttersprachlern ist deshalb nicht immer auf den ersten Blick klar, welche Bezeichnung korrekt ist, und bei einigen Bergen gibt es sogar beide Formen: Kintoki-san und Kintoki-yama sind wohl beide korrekt.[6] Zudem wird in der japanischen klassischen Poesie auch „Fuji no Yama“ als Bezeichnung für den Berg benutzt, und es ist nicht schwer, sich vorzustellen, dass dies zu erheblicher Verwirrung führen kann. Hier wird der Fuji auch mit ganz anderen Bezeichnungen kombiniert: Fuji no ne, Fuji no mine – alles Bezeichnungen für den Berg (oder den Gipfel) des Fuji in poetischen Texten.[7] Der Fuji von Enoshima aus gesehen. Fudschijama: Nicht schön, aber nicht falsch Zusammenfassend kann man also sagen: die Bezeichnung Fudschijama geht wahrscheinlich auf Engelbert Kaempfer zurück. Ob es sich um einen Fehler, ein Missverständnis oder um eine damals gebräuchliche, aber heute nicht mehr nachvollziehbare Bezeichnung des Fuji handelt, ist nicht eindeutig geklärt. Die Schreibweise Fudschi ist eine phonetische Anpassung an die deutsche Aussprache, die entstand, bevor es einheitliche Umschriftsysteme gab – die bis heute im Übrigen mehrere Möglichkeiten zulassen. Sie steht so auch im Duden und kann – und wird – in Zeitungen und Dokumenten benutzt. Man muss das nicht mögen oder benutzen, aber es ist im deutschen Sprachgebrauch weder unüblich noch falsch. Es gibt nicht viele Dinge die eindrucksvoller sind, also der Sonnenaufgang vom Fuji. Post Scriptum Und als kleiner Nachtrag: in allerlei spirituellen Büchern über den Fuji werden Geschichten erzählt, man nenne den Berg „liebevoll Fujisan“. Angeblich soll dies Respekt oder Ehre ausdrücken. Nun ist der Fuji als Ort der kulturellen wie religiösen Anziehungskraft natürlich immer präsent – und das äußerst eindrucks- und kraftvoll. Die Übersetzung von „Fuji-san“ als „Herr Fuji“ oder „ehrenwerter Fuji“ folgt aber eben jenem Muster, das man Kaempfer und Co. einstmals vorwarf: linguistische Einfältigkeit, die das Präfix -san für Höflichkeit mit der sinojapanischen Lesung „san“ des Schriftzeichens für Berg verwechselt. Das muss man nicht schlimm finden, wenn es aber im Kontext der Problematik des „Fudschijama“ angesprochen wird, mit dem Hinweis, diese Lesung sei ja falsch, dann wird es unfreiwillig komisch. Aber auch hier gibt es wieder Einschränkungen: es gibt durchaus Japaner, die mir schon erzählten, ein Berg dem eine Gottheit oder ein Buddha innewohnt, sei mit -san zu bezeichnen. Andere, gewöhnliche Berge hingegen mit -yama. Wieder andere behaupten, früher endeten mehr Berge auf -yama und die Geographen und Kartographierungen der Meiji-Zeit hätten zur Verbreitung der Bezeichnung -san beigetragen. Verlässliche Quellen habe ich zu beiden Behauptungen aber noch nicht gefunden. Zum Weiterlesen: [1] Meiji Gakuin University Library: 和英語林集成デジタルアーカイブス. URL: http://www.meijigakuin.ac.jp/mgda/waei/. [2] Eschbach-Szabo, V.: Temporalität im Japanischen 1986. [3] Eelis, Walter C.: Language Reform in Japan. In: The Modern Language Journal 36 H. 5 (1952), S. 210–213. [4] Engelbert-Kaempfer-Gesellschaft Lemgo e.V.: Engelbert Kaempfer – Biographie. URL: http://www.engelbert-kaempfer-gesellschaft.de/index.php/Biographie.html. [5] 上田, 卓爾: 「フジヤマ」の呼称の発生から定着に至る過程について. 富士山はなぜ「フジヤマ」と呼ばれるようになったか. In: Journal of Osaka University of Tourism H. 12 (2012). [6] Whitebear: 「さん」それとも「やま」?. 山名における「山」の読み方について. URL: http://whitebear0930.net/archives/16933 2017. [7] Majtczak, Tomasz: Familiar and unfamiliar names of Mount Fuji 2012. Allgemeine Japan-TippsFuji Michael Drewing Ausgebildeter Japanologe und Product Manager Digital. Hat fast 3 Jahre in Japan gelebt und dabei vor allem Kyoto und Tokyo lieben gelernt. vorheriger Eintrag Trinkwasser in Japan: Kann man das Leitungswasser in Japan trinken? Nächster Eintrag Krautgarten München: Rückblick Mai 2018 Weiterlesen Aufstieg auf den Fuji: Kommt die Zwangsgebühr? Japans höchster Berg: Den Fuji besteigen 5 Gründe, warum Du Dir in Japan eine... 1 Kommentar Christin 31. Mai 2018 - 10:43 Schöner verständlicher Beitrag und Danke für die Aufklärung 😀 Antworten Kommentar schreiben Antwort löschen Wie fandest du unser Rezept? Wie fandest du unser Rezept? Name, E-Mail und Website für nächstes Mal speichern.