4,K Inhalt Definition von „Wagyu“Wo leben eigentlich die meisten Wagyu-Rinder?Was macht das Fleisch vom Wagyu-Rind besonders?Wie wird die Qualität von Wagyu-Rind gemessen?Was kostet Wagyu-Fleisch?Trinken Wagyu-Rinder Bier und hören klassische Musik?Wagyu aus Deutschland – Ist das möglich?Mehr zum Thema Wagyu und Rind Wer kennt sie nicht: Die Geschichten von massierten, biertrinkenden Kühen die bei klassischer Musik fröhlich durch die Sonne springen. Aber was ist eigentlich Wagyu, und worin unterscheidet es sich von Kobe-Rind? Und gibt es auch Wagyu aus Deutschland? Eine kulinarische Einführung. Definition von „Wagyu“ Wagyu 和牛 bedeutet im Grunde genommen nichts anderes als „Japanisches Rind“. Es setzt sich zusammen aus den Schriftzeichen für Wa 和 (Japan) und Gyū 牛 (Rind). Es ist aber hier erst einmal nicht „in Japan produziertes Rindfleisch“ gemeint. Wagyu-Rinder sind eine eigene Tierrasse, die drei am weitesten verbreiteten davon sind: Kuroge Wagyu (Japanese Black) Tankaku Wagyu (Japanese Shorthorn) Akage Wagyu (Japanese Brown) Für eine Vorstellung der Rinderrassen könnt ihr euch auf der Seite des „Japanese Meat Information Service Center“ ein paar Videos zu den Tieren anschauen und mehr über ihre Haltung erfahren: Zur Website. Dabei ist das Kuroge-Wagyu mit einem Anteil von mehr als 90 % an der Fleischproduktion ganz klar die am häufigsten vertretene Rasse. Bei uns in Deutschland ist statt Wagyu auch die Bezeichnung „Kobe-Fleisch“ bekannt. Aber wichtig: Das sind keine Synonyme! Kobe-Fleisch ist eine Mischung aus Herkunftsbezeichnung (so wie „Thüringer Rostbratwurst“) und zusätzlich einem Qualitätskriterium. Nur Kuroge-Rindfleisch mit einer Qualität von A5 darf als Kobe-Rind verkauft werden. Ein Stück Kobe-Fleisch Das im Westen bekannte Kobe-Beef bezeichnet Fleisch von Tajima-Rindern der Rasse Japanese Black aus der Präfektur Hyogo (ehemals Tajima), in der Kobe liegt, wenn sie den höchsten Qualitätskriterien entsprechen. Dieses Gütesiegel bekommen jährlich nur etwa 3.000 bis 4.000 der insgesamt ca. 450.000 in Japan geschlachteten Wagyu. Deutsche Industrie- und Handelskammer in Japan (2010), S. 8 Wo leben eigentlich die meisten Wagyu-Rinder? Landwirtschaftliche Fläche sind in Japan generell nur spärlich vorhanden. Die Hauptgebiete für Viehzucht sind Hokkaido ganz im Norden und Kagoshima ganz im Süden. Nur wenige Tiere werden etwa in Kobe gehalten, was unter anderem einen Teil des hohen Preises ausmacht. Was macht das Fleisch vom Wagyu-Rind besonders? Wagyu-Fleisch zeichnet sich durch seine Marmorierung aus. Das heißt: Das Muskelfleisch wird von Fett durchzogen und erzeugt eine Musterung. Durch den gleichzeitig geringen Fettgehalt kommt der feine Geschmack das Fleisches sehr gut zur Geltung. Gutes Wagyu schmilzt auf der Zunge, gilt als saftig und mild. Auf Grund eines hohen Anteils an ungesättigten Fettsäuren spricht man sogar davon, dass das Fleisch gesund sei (oder zumindest gesünder als das anderer Züchtungen). Ist ein Wagyu-Steak deshalb schmackhafter als andere, hochpreisige Mitbewerber? Schwer zu sagen. Es ist auf jeden Fall anders und schmeckt uns persönlich auch besser. Unser Eindruck ist aber ganz klar, dass Wagyu in Steakform oder dünn geschnitten auf dem Yakiniku-Grill oder im Shabu-Shabu bzw. Sukiyaki am besten zur Geltung kommt. Wir sehen keinen Vorteil in einem Wagyu-Burgerpatty, weil hier sowohl die Optik als auch die einzigartige Textur des Fleisches hinfällig wird. Auch geschmacklich konnten uns Wagyu-Burger in keinem Fall mehr überzeugen als anderes, gutes Rindfleisch. Wagyu als Yakiniku im Mansei, Tokyo Wie wird die Qualität von Wagyu-Rind gemessen? Die Qualitätseinstufungen von Wagyu werden meist nach dem japanischen System angegeben. Dieses wurde zuerst 1988 vorgestellt, ist also noch ein relativ junges Konstrukt. Die Skala musste mehrfach angepasst werden, weil zwischen 1988 und 2004 der Fettanteil im Fleisch stark angestiegen ist. Festgelegt und kontrolliert werden die Einstufungen von der „Japanese Meat Grading“ Association. Es wird zum Beispiel der Fettgehalt innerhalb des Fleisches, die sogenannte Marmorierung, gemessen. Aber auch die Farbe und Helligkeit des Fleisches und des Fettes, sowie die Textur werden einbezogen. Die Skala geht hierbei von 1-5 und je höher die Zahl ist, desto mehr Fettgehalt im Muskel und desto schöner die Marmorierung und desto besser die Fleischqualität. Wagyu im Ah Un in Düsseldorf A5 ist demnach das beste Fleisch, das ihr bekommen könnt. Es gibt allerdings noch eine etwas feinere Skala (den Beef Marbling Standard, BMS) die bis 12 hoch geht. Alle Werte von 8-12 in diesem „Beef Marbling Standard“ entsprechen hierbei der höchsten Klasse A5. Die Buchstaben stehen übrigens für den Ertrag an Fleisch und sind für die Qualität für den Endkunden erst einmal unerheblich (Gotoh et Al. 2018, S. 936f). Was kostet Wagyu-Fleisch? Der Preis für Wagyu hängt maßgeblich von der Qualitätsstufe ab. Wie ihr oben gelesen habt, heißt Wagyu nicht automatisch, dass ihr Premium-Fleisch bekommt. Wagyu der Stufe C1 ist in allen Belangen unterdurchschnittlich und auch günstig zu haben. Wir haben in Kobe kleine Steaks (A5) in einem Mittagsmenü für 8000 Yen (damals ca. 70 Euro) gegessen, aber ihr könnt auch deutlich mehr zahlen. Es hängt auch davon ab, ob ihr z. B. ein Filetstück, ein Rumpsteak oder Entrecôte wählt. Je nach Fleischstück, Herkunft, Haltungsform und Qualität des Fleisches könnt ihr mit 50 € – 300 € für 1 kg Wagyu rechnen. Der Preisrahmen ist also groß und nach oben hin grundsätzlich offen. Richtig billig wird es aber nie, aber das sollte Fleisch auch grundsätzlich nicht sein, wenn die Tiere halbwegs würdevoll gehalten werden sollen. Trinken Wagyu-Rinder Bier und hören klassische Musik? So gerne wir uns das auch vorstellen mögen, die Idee von Rindern im Wellness-Urlaub ist relativ abgehoben. Es gibt zwar ein paar Bauern, die das zur Belustigung von Touristen so machen, aber in der Regel sind Wagyu-Rinder einfach nur Tiere in einem Industriebetrieb. So sollen die Rinder auf Tatami, japanischen Reisstroh-Matten schlafen, Bier trinken, massiert werden und klassische Musik zu hören bekommen. Diese Klischees sind jedoch Mythen. In der Tat gibt es in einer der Nachbar-Präfekturen Hyogos aber Züchter, die solche Praktiken als Touristenattraktion betreiben. Auch das Gerücht, die besondere Fett maserung des Fleisches liege an der Massage, stimmt nicht. Diese liegt in den Genen des Wagyu-Rindes begründet. Deutsche Industrie- und Handelskammer in Japan (2010), S. 8 Wagyu-Rinder in Fukushima Es stimmt aber auch, dass die Haltungsform meist vergleichsweise gut ist, vor allem im Vergleich mit konventioneller Nutztierhaltung, wie wir sie kennen. Wagyu-Rinder haben oft mehr Auslauf, bessere Unterbringung, qualitativ hochwertigeres Futter und ein längeres Leben als vergleichbare Tiere. Das sollte aber auch nicht verwundern, gehört das Fleisch preislich zum Premium-Segment. Als Verbraucher haben wir hier höhere Ansprüche an die Tierhaltung. Nicht verkennen darf man hier aber die Konsolidierung der japanischen Landwirtschaft: Auch hier geht der Trend zu mehr Tieren in weniger Betrieben mit höherer Wertschöpfung. Nutztierhaltung ist auch in Japan ein Business. (BMEL 2021, S. 8) Wagyu aus Deutschland – Ist das möglich? Wagyu aus Japan zu bekommen ist mitunter gar nicht so einfach. Das liegt daran, dass Japan eine sehr geringe Selbstversorgungsrate hat und sehr viele Lebensmittel (auch Futtermittel) importiert. Landwirtschaft erscheint zudem nicht sehr attraktiv für junge Menschen. Rinderzüchter haben oft ein hohes Alter und die Produktion von Rindfleisch im Land ist seit Jahren rückläufig. Es wird also nicht viel Fleisch exportiert, weil insgesamt nicht so viel produziert wird. Japan ist auch mit dem Export von Zuchtrindern oder genetischem Material sehr zurückhaltend. Die Herden die derzeit in den USA, Australien und Kanada vorhanden sind, können auf wissenschaftliche Exporte ab den 1970ern zurückgeführt werden. In Deutschland gibt es seit 2006 Wagyu-Tiere, die ebenfalls über die USA-Route hierher kamen. Der Wagyu Verband Deutschland zählt mittlerweile fast 200 Mitglieder. Es ist also durchaus möglich, Fleisch von Wagyu-Rindern aus Deutschland zu bekommen. Es ist jedoch nicht immer ganz einfach, auch wirklich ans Fleisch zu kommen. Viele Betriebe sind sehr klein, mit wenigen Tieren, und vertreiben selbst. Das heißt: Auch deutsches Wagyu ist in der Regel nicht einfach so verfügbar. Ihr wartet auf Schlachttermine und bestellt vor und wenn ihr Pech habt, gibt es auch mal nichts für euch. Ob das alles richtiges Wagyu ist, kommt auch darauf an, wen man fragt. Puristen würden entgegnen, dass das japanische „Ministerium für Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei“ ganz eindeutige Kriterien für Wagyu aufstellt. Diese lauten wie folgt: 1. Die Rinder müssen in Japan geboren und aufgezogen werden. 2. Die Abstammung der Rinder muss über ein Nachverfolgungssystem erkenntlich sein Ministry for Agriculture, Forestry and Fisheries Japan (2022), S. 5 Nur Wagyu, das diesen Kriterien entspricht, darf mit dem offiziellen Logo ausgezeichnet werden. Das heißt im Umkehrschluss: Für das Ministerium gibt es kein Wagyu aus dem Ausland. Zumindest keines, das mit dem hier abgebildeten Logo zertifiziert ist. Hier mischen sich genetische Vorgaben mit Herkunftsbezeichnungen. Ob ihr zu den Puristen zählt oder Wagyu als eine Tierrasse seht, die überall gezüchtet werden kann, müsst ihr selbst für euch entscheiden. Schlussendlich ist die Limitierung von Wagyu auf die japanische Herkunft auch ein Marketinginstrument und eine Vorbereitung auf die seit dem Freihandelsabkommen von 2019 schrittweise sinkenden Zölle auf Rindfleisch. Die Importzölle sollen hier innerhalb von 15 Jahren stark sinken, was die japanischen Tierhhalter unter Druck setzen könnte. Spannend ist die ganze Diskussion um die Herkunft des Wagyu, wenn man sich die Geschichte in Japan anschaut. Es handelt sich nämlich keinesfalls um eine unberührte oder ursprüngliche japanische Züchtung, sondern um ein Tier, das nach der Meiji-Restauration (1868) und der folgenden Bewerbung von Fleisch als Nahrungsmittel, das stark und groß macht, unter anderem mit der Kreuzung durch importierten Rindern wie dem Simmentaler überhaupt erst gezüchtet wurde. Das Wagyu, wie wir es heute kennen, gibt es erst seit ca. 1944 (Gotoh et Al. 2018, S. 934). Das reinblütige japanische Wagyu-Rind ist also genauso eine Legende wie vieles, was man sich im Westen als „rein japanisch“ vorstellt. Aber das ist eine Geschichte für einen anderen Artikel. Mehr zum Thema Wagyu und Rind Meine Obsession mit Gyudon [Rezept] Gyudon – Rindfleisch auf Reis Quellen BMEL, Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (2020): Der Markt für Fleisch in Japan Marktstudie im Rahmen der Exportangebote für die Agrar- und Ernährungswirtschaft / Oktober 2020 BMEL, Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (2021): Länderbericht Japan Deutsche Industrie- und Handelskammer in Japan (2010): Der Markt für Fleisch und Fleischwaren in Japan (2010) Gotoh, Takafumi & Nishimura, Takanori & Kuchida, Keigo & Mannen, Hideyuki. (2018). The Japanese Wagyu beef industry: Current situation and future prospects – A review. Asian-Australasian Journal of Animal Sciences. 31. 933-950. MAFF, Ministry for Agriculture, Forestry and Fisheries Japan (abgerufen 2022), Link zur Broschüre Wagyu Verband Deutschland e. V. Werde Unterstützer Du möchtest The Hangry Stories einmalig oder monatlich mit einem kleinen Betrag finanziell unterstützen und ein kleines Dankeschön bekommen? Dann werde Unterstützer auf Patreon! Blog abonnieren Wenn ihr „The Hangry Stories“ abonnieren wollt, dann könnt ihr euch hier für unsere Blog-Abo eintragen. Ihr erhaltet so immer direkt eine Nachricht per E-Mail, wenn wir einen neuen Beitrag veröffentlichen. NameE-Mail* Please leave this field empty. Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und stimme ihr zu. featuredJapanische KücheWagyu Michael Drewing Ausgebildeter Japanologe und Product Manager Digital. Hat fast 3 Jahre in Japan gelebt und dabei vor allem Kyoto und Tokyo lieben gelernt. vorheriger Eintrag Radfahren in Japan: Kommt die Helmpflicht? Nächster Eintrag Japan Travel Apps: Die besten Apps für die Reise Weiterlesen Japanische Küche – mehr als nur Sushi! Reisetagebuch Japan 2023: Mit dem Rad von Kyoto... 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