2,7K Inhalt Kommt die Helmpflicht in Japan?Die Regeln bisher: Fahrradhelm nur für Kinder§63 (11) jap. StVO (alt)Die Regeln ab April 2023: Helme für alle empfohlen§63 (11) jap. StVO (neu)Wann tritt die Änderung in Kraft?Hintergrund: Warum jetzt diese Änderungen?Haftpflichtversicherungen und VerordnungenUnser Tipp: Helm tragen!Weitere Infos zum Fahrradfahren in JapanInformationenTourberichte In Japan gibt es so einige Regeln, die Fahrradfahrende beachten müssen, um nicht mit dem Gesetz in Konflikt zu kommen. Eine Anpassung der Straßenverkehrsordnung (dōro-kōtsu-hō 道路交通法), die Ende April 2023 in Kraft treten soll, kommt nun mit einigen wichtigen Änderungen für Radfahrende. Diskutiert wird unter anderem eine Helmpflicht. Kommt die Helmpflicht in Japan? Ja und nein. Eine gesetzliche Pflicht zum Tragen von Fahrradhelmen wird es auch in Zukunft nicht geben. Trotzdem gab es einige Änderungen, die für Radfahrende durchaus relevant sind. Um die Frage zu klären, müssen wir uns mit den alten und neuen Regelungen beschäftigen: In den ersten Versionen und einigen noch im Internet zu findenden Vorabentwürfen der neuen Straßenverkehrsordnung wurde eine klare Pflicht (gimu 義務) zum Tragen eines Helmes kommuniziert. Davon ist jedoch zum jetzigen Zeitpunkt nichts mehr zu finden. Radfahren auf Shikanoshima Du möchtest einen Kommentar da lassen oder uns etwas fragen? 💬 Direkt zu den Kommentaren Die Regeln bisher: Fahrradhelm nur für Kinder Aber vergleichen wir doch einmal die aktuelle Regelung mit den Änderungen, die kommen sollen. Bisher war der Absatz zur Helmpflicht in Japan relativ übersichtlich und bezog sich ausschließlich auf Kinder. ALT §63 (11) jap. StVO (alt) Eine Person, die für ein Kind oder Kleinkind verantwortlich ist, hat, wenn sie dem Kind oder dem Kleinkind das Fahrradfahren gestattet, darauf hinzuwirken, dass es einen Fahrradhelm trägt. Diese Regelung war schon immer sehr schwammig, was sich vor allem aus der Nutzung der Konstruktion するよう努めなければならない ergibt. Hieraus leitet sich keine Pflicht ab, sondern nur eine Pflicht zur Anstrengung ohne rechtliche Bindung oder Sanktionen. Das heißt aber nicht, dass es bei Nichtbeachtung keine Konsequenzen geben kann – etwa in Form von Krankenhauskosten oder Schadensersatzansprüchen die bei Unfällen zu begleichen sind. Die Regeln ab April 2023: Helme für alle empfohlen Aber wie sieht nun die Neuerung aus? Hier kamen einige Punkte hinzu und es geht nun nicht mehr nur um Kinder, sondern um alle Personen, die ein Fahrrad nutzen. Wichtig ist auch hier der Wortlaut: Die Bestimmungen sind wieder nicht als Pflicht zum Tragen eines Helmes, sondern als Pflicht zur Anstrengung formuliert. NEU §63 (11) jap. StVO (neu) 1. Ein Fahrradfahrer muss sich bemühen, einen Helm zu tragen.2. Ein Fahrradfahrer, der eine andere Person auf dem Fahrrad mitnimmt, hat sich zu vergewissern, dass die andere Person einen Fahrradhelm trägt.3. Eine Person, die für ein Kind oder Kleinkind verantwortlich ist, muss, wenn das Kind oder Kleinkind Fahrrad fährt, darauf hinwirken, dass es einen Helm trägt.(vgl. StVO Japan) Was lässt sich nun aus dieser geplanten Änderung herauslesen? Erstens: Die japanischen Behörden sind offenbar daran interessiert, das Tragen eines Fahrradhelmes für alle Personen verpflichtend zu machen. Zweitens: Irgendwann im Entstehungsprozess dieser Änderung wurde die Pflicht durch eine Bemühung ersetzt. Es gibt deshalb auch in Zukunft keine harte Helmpflicht in Japan. Das ist zum Beispiel auch der Grund, weshalb die Polizei Saitama lediglich davon spricht, dass der Helm in Zukunft „empfohlen“ sei (vgl. Polizei Saitama). Das heißt: Es ist auch ab 2023 nicht „illegal“ in Japan ohne Helm Fahrrad zu fahren. Ihr könnt aber davon ausgehen, dass vor allem bei Fahrradverleih für Touristen künftig ein Helm vorgeschrieben sein wird. Denn die Pflicht, sich zu Bemühen, ist zwar rechtlich wenig bindend, aber gesellschaftlich durchaus relevant. Wann tritt die Änderung in Kraft? Die neue Straßenverkehrsordnung wurde am 27.04.2022 veröffentlicht und wird voraussichtlich innerhalb eines Jahres, also Ende April 2023 in Kraft treten. Zugeparkte Radspur in Yokohama Hintergrund: Warum jetzt diese Änderungen? Diese Frage ist leider nicht seriös zu beantworten. Unser Standpunkt ist, dass die beste Antwort auf die drängenden Fragen der Verteilung von öffentlichem Raum immer eine angemessene und insgesamt bessere Infrastruktur sein muss. Japan tut hier, bis auf eine Hand voll Leuchtturmprojekte, leider nicht viel. Ein Umstand, der auch auch lokale Fahrradaktivist*innen regelmäßig verzweifeln lässt. Grundsätzlich lässt sich für die letzten Jahre beobachten, dass die Anzahl der Verkersunfälle mit Fahrradbeteiligung seit 2010 landesweit stark zurückgeht, auch die Anzahl der Todesfälle ist rückläufig (vgl. Jahresbericht der Polizei). Es gäbe also rein von den absoluten Zahlen her keine Notwendigkeit, eine Helmpflicht in Japan einzuführen. Grafik: Unfallzahlen mit Fahrradbeteiligung in Japan, Quelle: NPA Insgesamt sehen wir hier also eine durchaus erfreuliche Entwicklung. Warum nun aber der Fokus auf den Helm? Dies erklärt sich vielleicht mit einem Blick auf andere Statistiken, die vor allem lokale Polizeibehörden gerne streuen. 56 % der Todesfälle von Radfahrenden in Japan gehen auf Kopfverletzungen zurück. Dabei ist die Todesrate unter denjenigen Personen, die keinen Helm tragen, 3-mal so hoch wie bei denen, die einen Helm genutzt haben. Grafik: Todesrate mit und ohne Helm, Quelle: NPA Haftpflichtversicherungen und Verordnungen Schon länger machen die Präfekturen in Japan ihre eigenen Regeln, um angeblich vermehrt auftretenden Probleme bei der Fahrradnutzung zu begegnen. Interessanterweise geht es hier nahezu nie darum, eine sinnvolle Infrastruktur zu schaffen, sondern immer die Effekte von Unfällen durch Helmempfehlungen und andere Maßnahmen zu mindern. Eine dieser lokalen Regelungen ist die Pflicht, eine Fahrrad-Versicherung abzuschließen, die bei Unfällen vor allem die Kosten der geschädigten Partei übernimmt. In der Regel handelt es sich hier um Verordnungen (jōrei 条例), die rechtlich durchaus bindend sind, aber nur im Geltungsbereich der jeweiligen Präfektur gelten. Die erste Präfektur, die eine solche Versicherung vorgeschrieben hat, war 2015 Hyōgo. Zum Stand Oktober 2021 sind es bereits 39 Präfekturen und zwei Städte. Dabei sind die Ausprägungen aber unterschiedlich. So schreibt etwa die Präfektur Aichi vor, dass alle in der Präfektur ansässigen Privatpersonen und Unternehmen eine solche Versicherung abschließen müssen (vgl. Infoseite Aichi). Über touristische Reisen oder Personen aus anderen Präfekturen steht hier nichts. Das Gesetz sieht aber vor, dass bei Leihfahrrädern die anbietende Firma eine solche Versicherung einpreisen soll (vgl. MLIT). Unser Tipp: Helm tragen! Ob ihr Helm tragt oder nicht, ist aus unserer Sicht eine persönliche Entscheidung. Wir fahren nur in den seltensten Fällen ohne und würden es euch auch dringend anraten, euch bestmöglich zu schützen. Vor allem nicht in einem fremden Land und mit ungewohntem Linksverkehr. Es gibt aber auch Nachteile in der Debatte: Etwa die sinkende Akzeptanz des Fortbewegungsmittels „Fahrrad“ bei einer Helmpflicht. So oder so: Es wird auch in Japan vorerst keine Helmpflicht geben, also liegt die Entscheidung schlussendlich bei euch. Wir sind jedenfalls gespannt, ob Radverleihstationen in Zukunft öfter Helme anbieten werden. Auf Shikoku Shuzenji Tokyo Mit Helm unterwegs in Japan Weitere Infos zum Fahrradfahren in Japan Informationen Verkehrsregeln für Fahrräder in Japan Fahrrad in Tokyo: Der Kauf und ein Blick auf die Infrastruktur Tokyo mit dem Fahrrad entdecken Kuriose Dinge über das Fahrrad fahren in Japan Tag-Sammlung: Alle Artikel zum Fahrradfahren in Japan Tourberichte Fahrradtouren in Japan: Shimanami Kaido Fahrradtour um den Biwa-See Fahrrad-Tour um Shikoku: 1000km geschafft! Fahrradtour zum Sēfā-Utaki auf Okinawa Werde Unterstützer Du möchtest The Hangry Stories einmalig oder monatlich mit einem kleinen Betrag finanziell unterstützen und ein kleines Dankeschön bekommen? Dann werde Unterstützer auf Patreon! Blog abonnieren Wenn ihr „The Hangry Stories“ abonnieren wollt, dann könnt ihr euch hier für unsere Blog-Abo eintragen. 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